Donnerstag, 14. November 2013

Über unbunte Fotos und wie wir sie verstehen

Besonders bei Portraits und Hochzeitsbildern sieht man immer wieder Schwarzweißfotos. Im direkten Vergleich wirken diese irgendwie edler, ausdrucksstärker und sind leichter zu erfassen. Aber woran liegt das eigentlich?
Hauptursache ist: das Auge/Gehirn wird nicht durch die Farbinformationen des Bildes abgelenkt. Das Gehirn hat es leichter sich auf die Semantik und Pragmatik des Bildes zu konzentrieren. Natürlich hat ein Schwarzweißfoto auch "Farbinformationen", jedoch beschränken sich diese auf Graustufen sowie schwarz und weiß. Konturen, Formen, Kontraste und Muster können von uns schneller verarbeitet werden. Bei der Betrachtung eines Schwarzweißfotos muss der Mensch weniger Sakkadenbewegungen durchführen, als bei einem Farbfoto, um den Inhalt des Bildes semantisch erfassen zu können.

Wir erfassen ein Gesicht mit Hilfe von Sakkadenbewegungen des Auges. Sakkaden sind die schnellsten Bewegungen zu denen die der menschliche Körper fähig ist und erreichen Geschwindigkeiten bis zu 500°/s. Das Ziel einer Sakkade ist im Voraus geplant und das Gehirn unterdrückt den visuellen Eindruck während der Bewegung. Dadurch wird sichergestellt, dass das Bild nicht verwischt erscheint. (Alfred L. Yarbus, 1950)

Auch ich bin ein Fan von Schwarzweißfotos, jedoch kommt es sehr stark auf das Motiv an. Manche Bilder brauchen Farbe, manche wirken in Graustufen besser. Ein Portrait eines alten, faltigen Seemanns auf seinem Kutter mit Pfeife im Mund stelle ich mir in Farbe unpassend vor. Zumindest eine Teilentsättigung wäre hier wünschenswert. Ganz im Gegenteil dazu würde ein Stockfotograf niemals darauf kommen, seine Bilder in SW aufzunehmen/bearbeiten.

"Schatz, dein Sohn planscht im Garten!! Mach mal ein Foto!"... "Moment ich muss eben einen Farbfilm einlegen!"


Hier braucht man keine Farben.

Hinzu kommt, dass sich jedes Farbfoto nachträglich einfach in ein Graustufenbild umwandeln lässt.
Aber wie einfach ist das eigentlich?
Das ist eine Wissenschaft für sich. Meiner Meinung nach ist eine der wenigen, wenn nicht die einzige lebenserhaltende Eigenschaft der Analogfotografie der Schwarzweißfilm. Als Analogfotograf gab es natürlich auch verschiedene Filme und ich konnte mir Hersteller und Körnung aussuchen. Was jedoch nun bei der digitalen Fotografie passiert, ist eine nervige Revolution. Ich habe die Möglichkeit aus einem Farbfoto unendlich viele Schwarzweiß-Varianten zu erstellen. Welche ist denn nun die richtige? Stimmt, es gibt ja keine "richtige". Aber welche gefällt mir?
Photoshop leistet seit CS3 eine kleine Hilfestellung, die jedoch wiederum fast die komplette Bandbreite der Möglichkeiten aufzeigt:


Wie hätten Sie es denn gerne? Keine Ahnung? Ich auch nicht...

Nun, ich mache mir es da ganz einfach. Wenn ich Bilder in SW haben möchte, stelle ich das bei mir direkt in der Kamera ein. Das heißt ich schieße nicht in RAW sondern JPEG und habe nicht mehr die Möglichkeit nachträglich an die Farbinformationen zu kommen. Und ich finde das gut, denn es ist der analogen Schwarzweißfotografie am ähnlichsten. Außerdem spare ich mir so die Arbeit des Umwandelns und habe nicht noch mehr Datenmüll auf der Festplatte rum liegen.
 

Noch etwas technisches blabla:
Ein Farbbild auf deinem Monitor entsteht durch die Mischung aus den Farben Rot Grün und Blau. Wenn du mit einer starken Lupe an den Monitor gehst, siehst du dass ein Pixel aus genau diesen drei Farben besteht. Wenn der Pixel nicht leuchtet, ist er schwarz. Wenn alle drei Farben maximal leuchten, ist der Pixel weiß. Und da wir 255 Abstufungen pro Farbe haben, können wir damit theoretisch 16777216 verschiedene Farben darstellen. Wirklich unterscheiden können wir Menschen davon nur einen Bruchteil. Alles andere ist gelogen ;-)


Der (additive) RGB Farbraum


Und da wir als Menschen sowieso völlig unfähig sind Graustufen und Farben zu differenzieren, zählt einzig und allein der Gesamteindruck eines Bildes.

Feld A und Feld B haben den gleichen Grauwert. Klingt komisch, ist aber so.



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