Dienstag, 3. Dezember 2013

Über die Risiken und Nebenwirkungen junger Eltern, insbesondere Väter

Wer denkt als Mann ist man erst Vater wenn das Kind geboren wurde, der täuscht sich. Natürlich ist das Kind erst lautstark wahrnehmbar wenn es die Austreibung aus dem Mutterleib überstanden hat, jedoch beginnt die Vaterrolle schon vorher.
Das Angebot an werdende Eltern ist fast so groß wie das für junge Eltern die „das schlimmste“ bereits hinter sich haben.

Wohl fast obligatorisch scheint mir der Geburtsvorbereitungskurs zu sein. Man hockt mit einer Hebamme und ein paar anderen werdenden Eltern in einem Raum und übt den Notfall. Ob die dort geübten Atemübungen jedoch auch wirklich während der Geburt ausgeübt werden, bleibt wohl ein Geheimnis der Hebamme. Wenn man abends sowieso nichts zu tun hat, ist so ein Kurs ganz nett. Außerdem lernt man andere Menschen kennen, die die wohl größte Umstellung im Leben ebenso zu meistern haben. 

Wieso eigentlich die größte Umstellung? Mit Sicherheit gibt es viele  Ereignisse im Leben die einen Menschen dazu zwingen sein tagtägliches Handeln zu ändern. Ob es der Tod eines Freundes oder Familienangehörigen, z.B. der Kauf/Bau eines Hauses oder der Wechsel des Jobs ist, man muss sich auf die neue Situation einstellen. Ich persönlich habe mich natürlich auch gefragt, was sich denn nun explizit ändern wird. 
Die wohl größte Änderung ist, dass man von einen auf den anderen Tag eine sehr große Verantwortung trägt. Dies wird einem eventuell anfangs gar nicht so bewusst, denn in den ersten Tagen/Wochen/Monaten wird eher reagiert als intensiv nachgedacht und reflektiert. 
Durch unsere Mutter Natur bedingt haben Frauen in der Regel eine engere Bindung zu ihrem Nachwuchs als Männer. Beispielsweise ist es Frauen vorbehalten ihr Kind zu stillen. Aber auch gesellschaftlich ist es immer noch so, dass wir Männer oftmals als Ernährer eingestuft werden, nicht als erste Bezugsperson eines Neugeborenen. In Krabbelgruppen findet man kaum Männer, Elternzeit wird hauptsächlich von Frauen in Anspruch genommen. Ja, als Mann muss man am Ball/Kind bleiben, wenn man nicht das dritte Rad am Wagen sein möchte. Wenn es beruflich vereinbar ist, nehmen die meisten mir bekannten jungen Väter 2 Monate Elternzeit und die Mütter 12. Finanziell ist dies meistens auch die beste Lösung. 





Ich persönlich finde es gut, wenn Kinder nicht direkt nach 6 Wochen in die Kita „abgeschoben“ werden. Ein Kind braucht seine Mutter, eine Mutter braucht auch ihr Kind. Auch nach einem Jahr ist die Sorge und der Schmerz groß genug, wenn man sein Kind den größten Teil des Tages in fremde Hände gibt. Vielleicht ist die Bindung nach so kurzer Zeit auch noch nicht so groß wie nach einem Jahr, so dass es nach 6 Wochen leichter fällt das Kind abzugeben?!

Auch besonders in Mode sind die (zum Teil unsinnigen) zahlreichen medizinischen Untersuchungen um schon vor der Geburt zu sehen, ob das Kind behindert ist. Von einfachen Nackenfaltenmessungen bis zu invasiven Fruchtwasseruntersuchungen ist alles erlaubt. Neuerdings gibt es sogar einen Gentest. Was aber wenn das Kind mit größter Wahrscheinlichkeit behindert sein wird? Wie geht man mit dieser Diagnose um? Mal eben abtreiben? Man sollte sich meiner Meinung nach vor der Untersuchung Gedanken über genau diese Frage machen. 

Wer immer alles 100% richtig machen möchte, nichts dem Zufall überlassen möchte, und überhaupt denkt er muss eine Uber-Mutter oder ein Uber-Vater werden, braucht natürlich auch einen großen Haufen Bücher über das Eltern werden, Eltern sein und alle möglichen Entwicklungsstadien sowie ein „Eltern“ Abo. Verhält oder entwickelt sich ein Kind dann mal nicht nach Buch, so wird ein Arzt konsultiert, oder das Kind „umerzogen“, so dass es wieder passt. Nein, man braucht das alles nicht... Und ja, dann macht man sich auch nicht so verrückt.

Schon im Mittelalter erkannte man, dass man die Unsicherheit junger Eltern gut kommerziell ausnutzen kann ;-)

Was unglaublich lustig aber auch traurig ist, dass es Eltern gibt die ihren Neugeborenen versuchen Englisch bei zu bringen. Bei native speakern mag dies ja durchaus berechtigt/sinnvoll sein. Jedoch ist es furchtbar peinlich wenn Eltern, die selbst das schlimmste Denglisch sprechen „Sis is jur faser, schakeline“, versuchen ihr Kind möglichst früh zum kleinen Einstein zu erziehen. Aufgrund mangelnder Intelligenz der Eltern werden diese Kinder genetisch bedingt dann wahrscheinlich doch eher doof. 
Besonders interessant finde ich auch die Musik-CDs die man als werdende Eltern an jeder Ecke zugesteckt bekommt. Klassik, besonders gerne Mozart. Damit der kleine auch so musikalisch wie Mozart wird. Ich könnte kotzen! Nicht weil ich speziell Mozart nicht mag, sondern weil es wirklich Menschen gibt, die daran glauben und dem ungeborenen Fötus Mozart vorspielen. Selbst wenn es funktionieren würde, so will ich keinen kleinen Mozart und auch keinen kleinen Einstein haben, sondern ein normales gesundes Kind, das nicht durch den überflüssigen Input der Uber-Eltern total verstört durch die Gegend läuft.

Das arme Kind muss Mozart hören. Aber besser als im Mutterbauch, da ist der Sound ganz mies.


Was ist denn nun wenn man Vater ist? Warum ist auf einmal alles anders?
Nun die Verantwortung für den kleinen Wurm ist ein Ding, die Verantwortung für sich selbst die nächste. Man hat auf einmal scheinbar Probleme sein eigenes Leben und seine Interessen zu managen. Begründet ist dies mit Sicherheit dadurch, dass man einige Stunden am Tag weniger Zeit für sich selbst hat. In der Zeit müssen Windeln gewechselt, Brei gekocht, Schnuller reingesteckt, eingekauft, geputzt, gespielt usw. werden. 
Man kann sich natürlich auch an das CDU/CSU-Mittelalter-Leitbild orientieren, bei der das Kind und alle damit verbundenen Arbeiten reine Frauensache sind. Dazu gehören Haushalt, einkaufen, kochen und für den Mann gut auszusehen. Ich weiß nicht ob es solche Typen noch gibt, aber ich hoffe sie sterben aus.



Auch die Beziehung zwischen Mann und Frau wird auf eine erheblich Probe gestellt. Nicht nur die Tatsache, dass man viel weniger Zeit füreinander aufbringen kann, nicht nur der Stress und die neue Lebenssituation, sondern auch die körperlichen und hormonellen Veränderungen der jungen Mutter sind für die Beziehung neu und herausfordernd. Kein Wunder also, dass statistisch gesehen die höchste Fremdgeh-Rate nach der Geburt ist. Viele Männer kommen scheinbar mit der „neuen Frau“ und der neuen Situation schlecht klar.
Dass man durch ein Kind plötzlich nicht mehr so viel schläft wie vorher kann man wohl als Tatsache sehen. Das Kind bestimmt nunmal wann und wie lange geschlafen wird. Interessanter weise wird man eher von einem leisen quieken des Schnullerträgers wach, als durch einen fallenden Stahlträger im Nebenraum. Die Natur macht’s möglich.

Und wo bleibt die Belohnung für die Eltern? Warum wollen wir denn trotzdem Kinder haben, obwohl wir nachts weniger schlafen, dauernd krank sind, Augenringe und Falten bekommen, uns nicht mehr vor vollgeschissenen Windeln ekeln, vollgekotzte Klamotten ohne zu zucken mit der Hand waschen, auf Sex verzichten, Kopfschmerzen vom schreien und quengeln bekommen, die unermesslichen Schmerzen einer Geburt ertragen, Unmengen an Geld für Kinderbett, Kita und Klamotten ausgeben, unsere Karriere parken, abends nicht mehr feiern können, Freunde verlieren die keine Kinder haben, in der Partnerschaft und Familie nicht mehr im Mittelpunkt stehen, ein größeres Auto kaufen müssen, täglich Waschmaschine und Trockner anmachen müssen?

Es lässt sich nicht einfach beschreiben. Vielmehr musst du es erleben, wenn du deinen kleinen Wurm auf dem Arm hat, er mit seiner Mickeymaus-Stimme „Papa“ sagt und dich umarmt.